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Stollenbäckerei


eine Weihnachtskerze

Zu den schönsten Erinnerungen meiner Kindheit (ich bin jetzt 50 und stamme aus der ehemaligen DDR, wohne seit 7 Jahren der Liebe wegen in Rheinland-Pfalz) gehörte die vorweihnachtliche Stollenbäckerei.
Da ich aus Dresden stamme, wurde natürlich jedes Jahr echter Christstollen (der Striezel - deshalb heißt der Dresdner Weihnachtsmarkt auch Striezelmarkt) gebacken. Ende November, also vor dem ersten Advent, ging es schon los. Die Zutaten mußten besorgt werden - Butterschmalz, Mehl, Zucker, Rosinen und Zitronat (kam meist von der Tante im "Westpaket"), Mandeln, süße und bittere und Hefe. Meine Oma und ich waren immer verurteilt zum Mandeln schälen. Dazu wurde die Mandeln in heißes Wasser gegeben, kurz drin gelassen und dann abgegossen. So löste sich die braune Schale besser und die Mandeln flutschten manchmal regelrecht aus ihren Schalen.
Leider bekam man von diesser Arbeit ganz braune Finger wie ein Kettenraucher! Also war diese Sache nicht so beliebt bei der Hausfrau. Die Mandeln wurden gehackt oder grob gemahlen. Da immer von einer "Metze", waren wohl 7 kg Mehl, so ca. 10 Stollen gebacken wurden (jeder so um 1 - 1,5 kg Gewicht) konnte man das im heimischen Gasherd oder Kohleküchenofen nicht bewältigen. Deshalb machte man Anfang Dezember mit dem "Bäcker seines Vertrauens" einen Termin zum backen aus. Am Nachmittag des Backtages wurden alle Zutaten in einen Waschkorb geladen und man fuhr mit dem Handwägelchen zum Bäcker. Dort waren dann schon mehrere Frauen, die auch ihre Stollen gebacken haben wollten. Der Bäcker bereitete jede Ladung extra in der Teigmaschine, damit die Zutaten jeder Familie getrennt blieben, denn so manche Hausfrau machte aus ihrem Rezept und den Zutaten ein Geheimnis. Waren die Stollen geformt, steckte jede Familie ihre Stollenzeichen aus Holz oder Metall hinein, denn beim Backen wanderten mehrer Laibe in den Backofen und am Ende wollte ja jede Familie "ihre" Stollen wieder haben. Dann konnte man für paar Stunden wieder nach Hause gehen. Gegen Abend waren dann die Stollen fertig gebacken und man fand sich wieder ein beim Bäcker zum abholen und bezahlen. Die fertigen Stollen wurden zum Teil in den Waschkorb gelegt oder auf ein mitgebrachtes Kuchenbrett gelegt. Nun war auch Vaters logistisches Verständnis gefragt, bis dahin war alles Frauensache, denn der Heimtransport verlangte Sorgfalt und Umsicht. Falls ein Stollen auf dem Transport brach oder sogar vom Wagen oder Brett fiel, bedeutete das Unglück für das ganze neue Jahr.
Zu Hause stand schon die Großmutter bereit um die Stollen mit flüssiger Butter zu bestreichen und mit Puderzucker zu bestäuben. Dieser wichtige Vorgang wurde 4-5 mal wiederholt, denn die Zuckerkruste ist das wichtigste am Stollen! Dann wurden die Stollen in Pergamentpapier sorgfältig eingeschlagen und im Keller im extra aufgestellten Holzwaschfass bis Heilig Abend ziehen gelassen. Damit das warten nicht zu lang wurde, buk der Bäcker aus ein wenig Stollenteig einen Stollenkuchen, der dann in Vorfreude auf die richtigen Stollen schon probiert werden durfte.

Noch heute kann ich mich lebhaft an die herrlichen Gerüche, die Vorfreude auf den Genuss und die spannenden Abende beim Bäcker erinnern.
Schade, dass diese vorweihnachtliche Freude so aus der Mode gekommen ist, da sie doch gerade für Kinder etwas ganz besonderes sein könnte. Der Stollen im Handel ist ja nicht schlecht, aber an den selber gebackenen reicht er nicht heran. Vielleicht lebt diese alte Tradition mal wieder auf.
In diesem Sinne wünsche ich allen eine schöne Adventszeit mit viel Heimlichkeit und Vorfreude.

Es grüßt Amaretta am 28.11.04


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